Elternsprechtag (2)

Nach den gemischten Auskünften über das Verhalten von DSB stellt DWM sich jetzt bei den Lehrern von DSG an, hoffentlich nur zum Lob abholen, denn DSG ist eine Vorzugsschülerin und kommt mit fast allen Lehrern auch gut aus. In diesem Jahr hat sie nur neue Lehrer, DWM kennt noch keinen und sieht den Unterhaltungen daher trotzdem mit gemischten Gefühlen entgegen, denn nicht alle dieser Respektspersonen können mit aufgeweckten Schülern gut umgehen.

Der Englischlehrer ist ein netter Mensch, aber es scheint noch nicht bei ihm angekommen zu sein, dass er jetzt diese Klasse unterrichtet. Auf DWMs Nachfrage bezüglich des England-Austauschs bekommt sie nur die Antwort, er sei erst seit heuer an der Schule und wisse darüber nichts. Ansonsten ist er aber noch einer der nettesten und überhaupt der einzige, der mit sowas wie Selbstkritik aufwarten kann.  Als DWM von DSGs Prüfungsängsten berichtet, fragt der Lehrer, ob er selber etwas ändern könne, um die Situation zu verbessern. DWM ist so perplex, dass ihr nicht mal eine Antwort einfällt. Bei der Verabschiedung gibt er nochmal seinem Erstaunen über den Gesprächsverlauf Ausdruck, denn DSG sei die einzige Schülerin, die man vom Lernen abhalten müsse.

Die Französisch-Lehrerin kann mit dem Niveauunterschied in der Klasse weniger gut umgehen. Es käme ihr sogar vor, als rolle DSG manchmal mit den Augen. DWM kennt diese Reaktion ihrer Tochter gut, aber das wird sie dieser Meckerliese nicht auf die Nase binden. Außerdem sei DSG so kritisch und hinterfrage so viel. Auf DWMs Nachfrage, ob man die schnelleren Schüler nicht inzwischen anderweitig beschäftigen könne, reagiert die Lehrerin beinahe erbost. Naja, es gäbe schon Fördermaterialien , aber es handle sich ja nur um kurze Augenblicke, da müsse sie sich schon ein wenig gedulden. In unserem System haben die guten Schüler eben keinen Anspruch auf Förderung. Sie müssen sich in die Klasse setzen und ruhig verhalten und dürfen dabei nicht mal mit den Augen rollen. Glücklicherweise ist DWD gerade von der Arbeit hergehetzt, als DWM an die Reihe kam und ist nun mit seinem Charme in der Lage, die Situation zu retten, sonst hätte DWM sich vielleicht vergessen und der Lehrerin ihr wahres Gedankengut anvertraut und das hätte mit Sicherheit keine positiven Auswirkungen für DSG gehabt.

Die Deutschlehrerin hatte auf der Liste vermerkt, sie sei nur bis 17 Uhr anwesend, was in DWD gleich wieder leichten Unmut erzeugt. Was kann so wichtig sein, dass man die vor seiner Tür drängelnde Schar im Stich läßt? Als die Lehrerin im Mantel und mit geschulterter Tasche ihre Klasse verläßt, fragt DWM, nachdem sie sich vorgestellt hat, ganz höflich, ob sie einen Termin für die Sprechstunde vereinbaren soll (wohl wissend, dass die meisten Lehrer diese Stunde lieber anderweitig verbringen). Daraufhin kann die Lehrerin doch noch die paar Minuten erübrigen, um DWM zu versichern, dass DSG ohnehin so eine tolle Schülerin und alles in bester Ordnung sei. DWM kann einen Haken auf ihrer Liste machen.

Die Bestzeit dieser Besprechung wird eventuell noch von Physik unterboten. DWM wundert sich, warum der Wartebereich vor der Tür so gähnend leer ist und fragt in der Nebenschlange, ob denn überhaupt jemand drin sei. Vielleicht hat der Lehrer ja auch schon die Flucht ergriffen. Man vermutet, da sei schon jemand drin und DWM glaubt auch Stimmen zu vernehmen, also wartet sie artig – ein paar Sekunden, dann ist sie auch schon dran. Der Lehrer teilt nach einem „das können wir kurz machen“ den Notenstand mit und vermerkt positiv, DSG sei eine der wenigen Frauen, die sich für Physik wirklich interessierten. Nach gefühlten 10 Sekunden ist DWM wieder draußen und weiß nun, wieso vor seiner Tür sich keine Schlange bildet.

Die Biologie wartet mit der größten Überraschung auf: mehr Mitarbeit wäre gut. DWM ärgert sich, nicht vom DSG gebrieft worden zu sein und nimmt die Kritik zur Kenntnis, die inzwischen auf die ganze Klasse ausgeweitet wird, die nicht mitarbeitet. DWM ist wirklich erstaunt, denn DSG hört sich gerne reden und arbeitet sonst auch in Fächern mit, die ihr weniger liegen und die Naturwissenschaften sind doch – außer Englisch – ihre derzeitige Leidenschaft. Nun gut, sie wird die Botschaft weitergeben und verabschiedet sich von der der Lehrerin, die sichtlich ungeduldig ist, diese Veranstaltung zu verlassen. Da ist sie wahrlich nicht die Einzige.

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