Manchmal fragt DWM sich, ob ihre beiden Kinder überhaupt verwandt sind. Während DSG keine Mühen scheut, um ihren Einserschnitt zu halten und brav ihren Speicher des nutzlosen Wissens füllt, fährt DSB eine gnadenlose Minimalismus-Strategie. Wobei der Grad zwischen minimal und null manchmal außerordentlich schmal verläuft.

Bedingt durch private Aufregungen (nicht nur negative, auch die positiven können zeitraubend sein 🙂 ) sah DWM sich genötigt, die schulischen Zügel etwas locker zu lassen und auch DSB ein wenig mehr in die Selbstständigkeit zu entlassen. Das obligatorische „Mama ich kann alles“ wurde nicht mehr gnadenlos überprüft. Ein erster „Erfolg“ der neuen Strategie stellte sich alsbald in Form einer Sechs in Mathematik ein. Outsourcing-Queen DWM zückt die Geldbörse und stellt DSG als Nachhilfelehrerin ein. Gerechtigkeit muss sein und so bezahlt sie brav den Tarif, den DSGs externe Kunden bezahlen. Naja, zumindest beinahe. Und schon wurde aus der Sechs eine Drei. Während DWM noch über die Sinnhaftigkeit einer Erfolgsprämie nachdenkt, flattert schon des nächste Misserfolgserlebnis ins Haus. Hatte DWM gehofft, eine Sechs in Mathematik würde als Exempel auch für andere Fächer reichen, wurde sie von ihrem Sohn eines Besseren belehrt.

Im Allgmeinen schafft DSB die von ihm angepeilte Drei bei Arbeiten, manchmal wird auch eine Vier daraus. In den von ihm eher präferierten Fremdsprachen unterläuft ihm allerdings manchmal auch eine bessere Note, was von ihm mit einem „Mama, ich habe viel zu viel gelernt!“ kommentiert wird. In Französisch, wo er auch noch die Lehrerin mag, was auf Gegenseitigkeit beruht, konnte er im ersten Semester sogar auf beide Schularbeiten mit einer eins aufwarten, was von ihm nicht als Irrtum, sondern mit Stolz aufgenommen wurde, allerdings auch die Einstellung sämtlicher Lernaktivitäten zur Folge hatte. Auf der nächsten kleinen unangekündigten Leistungsfeststellung prangte auch glatt eine Fünf und jetzt sieht DWM sich genötigt, mit ihrem Sohn in den verbleibenden drei Tagen bis zur Schulaufgabe seine Lücken zu schließen, die eher ein kompaktes großes Loch darstellen. Das erste frühlingshafte Wochende verbringt DSG mit ihrer Freundin, während DWM sich – wenigstens auf der Terasse – durch die niederungen französischer Grammatik quält. Ihren Sohn scheint das nicht weiter zu stören, der Optimist vom Dienst kann selbst diesen Fauxpas noch als geniale Strategie verkaufen: „Jetzt habe ich Zeit zum Lernen, weil die Skigebiete ohnehin schon zu haben und so konnte ich den ganzen Winter wenigstens zum Snowboarden nützen.“
N´ est ce pas?

Die Ironie des Lehrers

Vielleicht kann sich der eine oder andere Lehrer noch an Herrn BinZuTollZumUnterrichten vom Elternsprechtag erinnern.  Da man durchaus unterschiedlicher Auffassung darüber sein kann, welche pädagogischen Methoden in der fünften Klasse angebracht sind, war zwischen DWM und dem Lehrer natürlich keine Einigung zu erwarten und DWM ließ die Sache nach einem Hinweis beim Klassenvorstand auf sich beruhen.

Am Rückgabetag der Kurzarbeit findet DWM ihren Sohn weinend zu Hause vor. Das liegt nicht nur an der Note, denn eine solche hat er auch in anderen Fächern schon kassiert, was er zerknirscht, aber mit Fassung zur Kenntnis nimmt. Mangels Ehrgeiz sind ihm die Noten ohnehin nicht so wichtig, was nicht immer nur von Nachteil ist. Warum also beweint DSB jetzt seine Arbeit?

„Mama, er hat meine Arbeit vor der Klasse hochgehalten und gesagt, der DSB hat einen Sattel gemalt. Und dann haben alle gelacht.“

Anmerkung: Aufgabe war die Skizzierung eines Zahns gewesen.

„Und er schafft es nicht einmal, seinen Namen auf die richtige Seite zu schreiben. Und zwei Mädchen hat er auch ausgelacht, die haben erst auf der zweiten Seite zu schreiben begonnen.“

Nun gibt es bei den Vorkommnissen in der Schule ja meist zwei Versionen, und die abwesenden Eltern müssen sich meist einen Reim auf die Version des Kindes machen, weil sie schlecht den Lehrer zu jeder Begebenheit befragen können, sonst wäre das Aufsuchen der Sprechstunde ja ein Fulltimejob. Diesmal kann DSB aber mit Beweisen aufwarten. Er zückt seine Bioarbeit und präsentiert den von ihm gemalten Zahn. In der Tat, die Zeichnung ist kein Vorbild naturwissenschaftlicher Abbildungskunst, das muss DWM zugeben. Daneben prangt der Kommentar des Lehrers: „Ist das ein Sattel?“

Ha! Endlich hat DWM einen schriftlichen Beweis. Nur kurz überlegt sie, ob sie den Dienstweg einhalten und zuerst mit Herrn BinZuTollZumUnterrichten sprechen soll. Nein, die Sinnlosigkeit dieses Unterfangens hat sie bereits am Elternsprechtag eingesehen. Sie bittet um einen Termin beim Direktor.

DSG ist als Topleister zwar beliebt bei Herrn BinZuTollZumUnterrichten, aber sie befürchtet nach der Sippenhaftung (vielleicht sollte sie sicherheitshalber den Mädchennamen der Mutter annehmen, um nicht mit ihrem Bruder in Verbindung gebracht zu werden?) ebenfalls Repressionen und versucht ihre Mutter  von deren Vorhaben abzubringen. DWM hat sich aber schon in der eigenen Schulzeit nicht von solchen Befürchtungen abbringen lassen. Mit ausdrücklicher Erlaubnis des Sohnes („Der hasst mich sowieso, da ist das auch schon egal“) nimmt sie ihren Termin beim Direktor wahr.

Der Herr Direktor ist ein freundlicher Mann mit einem offenen Ohr für die Anliegen der Eltern. DWM geht zwar nicht von großartigen Veränderungen aus (umso mehr, da sie weiß, dass Herr BinZuTollZumUnterrichten in den Pausen gern mit dem Direktor abhängt), aber sie möchte den Direktor wissen lassen, was in seiner Schule so passiert. Dieser schließt sich DWMs Meinung absolut an: auch die Schüler hätten Respekt verdient und wenn das Geschehene sich tatsächlich so abgespielt habe, dann sei das nicht in Ordnung und er sei froh, von DWM darüber informiert worden zu sein. Er bittet DWM, mit BinZuTollZumUnterrichten persönlich über den Vorfall zu sprechen und wenn sie das Gefühl habe, von selbigem nicht ernst genommen zu werden, werde er ein Dreiergespräch einberufen, eventuell auch mit DSB.

Mit solcherart gestärktem Rücken schlägt DWM nochmals beim Bio-Lehrer auf. Wie schon beim Elternsprechtag bestreitet  der eloquente Herr erst einmal die von DWM vorgebrachte Version.  Die Schüler seien nun mal brutal zueinander, gerade in der fünften Klasse.

Nachdem DWM ihm noch eine Chance gegeben hat, seinen Fehler zuzugeben, schreitet sie zur Tat: sie zückt die Kurzarbeit und deutet auf seinen Kommentar:

„Wenn der Auftrag gewesen wäre, einen Sattel zu zeichnen, dann könnte man hier genauso gut darunter schreiben ‚ist das ein Zahn‘, denn zeigen Sie mir mal das Pferd, das da dazwischen passt. Ganz abgesehen davon halte ich diesen süffisanten Kommentar für eine fragwürdige pädagogische Maßnahme. Nur einen von sechs Punkten dafür zu vergeben reicht völlig aus.“

Erstmals fühlt Herr BinZuTollZumUnterrichten sich etwas in die Enge getrieben und schaltet in seiner großspurigen Art etwas zurück.

„Naja, da habe ich es mit Ironie versucht……“

DWM dafür schaltet jetzt einen Gang höher. Jetzt nur kein Terrain verlieren.

„Ironie ist etwas, was die Leute gerne sehen. Im Kino und im Theater geben sie dafür Geld aus, damit sie über andere lachen können. Halten Sie das für die geeignete Unterrichtsform, noch dazu in der fünften Klasse?“

„Naja, es sind halt nicht alle gleich sensibel….“

DWM verleiht ihrem Standpunkt nochmal Nachdruck und Herr BinZuTollZumUnterrichten lenkt ein und verspricht, die Sache mit DSB zu klären. Er habe es nicht bös gemeint.

DWM: „Aber sagen Sie möglichst nicht vor der Klasse, es tue Ihnen leid, dass er geweint hat.“

Dieser Herr braucht offensichtlich eine genaue Anleitung dafür, was man sagen kann und was nicht.

DWM hofft, ihrem Sohn nicht allzu sehr geschadet zu haben und zieht von dannen. Jetzt kann der geneigte Leser zwar einwenden, DWM habe etwas überreagiert und hat damit vielleicht gar nicht mal so unrecht. Aber wenn sie etwas nicht ausstehen kann, dann ist es Respektlosigkeit. In dieser Schule wird von den Schülern viel Respekt verlangt und das ist einer der Gründe, warum beide Kinder dort zur Schule gehen (obwohl sie in einem anderen Staat liegt). Sie müssen aufstehen, um zu grüßen, wenn ein Lehrer den Raum betritt und ähnlich altmodische Dinge. Aber DWM findet, dass auch ein Schüler Recht auf Respekt hat und ist bereit, dafür zu kämpfen.

Oder echauffiert sich DWM nur deshalb so, weil sie ihren Sohn selbst in Bio unterrichtet hat und die Vier als persönliche Niederlage empfindet?

 

Remote Rohrstock versus Gesprächstherapie

DWM ist ja nicht der kommunikationstechnische Überflieger und ein klingelndes Handy am Vormittag eher die Ausnahme. So dauert es auch seine Zeit, bis sie den Störenfried in ihrer Handtasche richtig identifiziert und hervorgepfriemelt hat. Nach dem Blick aufs Display  spielen sich in DWMs worstcaseerprobten Gehirnwindungen diverse Szenarien ab:

– Kind(er) beim Sportunterricht verletzt (bitte nicht wieder ins Krankenhaus!)

– Kind(er) krank und abholbereit (wie soll sie ihren Abgabetermin halten, wenn sie jetzt weg und morgen zu Hause bleiben muss?)

noch bevor der Anrufer überhaupt Gelegenheit hatte, sich zu identifizieren.

„Guten Tag, hier ist Frau XXX“

Somit scheiden beide Szenarien aus, denn Frau XXX ist keine Sportlehrerin und bei Krankheit ruft die Sekretärin an. Schon wieder völlig voreilig überflüssige Arbeit verrichtet, diese Windungen. Deutsch? Was kann denn in Deutsch passieren?

„Kann ich Sie kurz sprechen?“

Das kann DWM ja jetzt wohl schlecht verneinen, oder?

„Sie können auch gern zu mir in die Sprechstunde kommen!“

Bei dieser Alternative entscheidet sich DWM doch für das Telefonat und sucht ein leeres Besprechungszimmer, um die Kollegen nicht unfreiwillig an ihrem Privatleben teilhaben zu lassen. Schön langsam dämmert ihr, dass DesperateSchoolBoy den Anruf seiner Lehrerin sogar angekündigt hatte, aber DWM hatte gehofft, dass das vielleicht hinfällig geworden oder wenigstens in Vergessenheit geraten wäre, aber nein. An der Schulfront kommt sie mit ihrer sonst so bewährten Strategie „gut abliegen lassen“ nicht so einfach durch.

„Wir hatten ja beim Elternsprechtag über DSBs Bewegungsdrang gesprochen.“

Ach ja, das war doch die eigentlich ganz nette und verständnisvolle Lehrerin gewesen.

„Leider ist noch keine Besserung eingetreten und er stört jetzt auch den Unterricht durch Schwätzen.“

Schön langsam dämmert DWM auch der Rest von DSBs Ankündigung und sie beginnt sich zu ärgern. Obwohl sie bei Klassenlehrer und Stellvertreterin mehrmals um einen ADS-tauglichen Sitzplatz gebeten hatte, war ihr Sohn kürzlich von einem schweigsamen Banknachbarn zu einem offensichtlich gesprächsbereiteren umgesetzt worden. DWM  kann dieser ständigen Umsetzerei sowieso nichts abgewinnen und sie geht jetzt gleich mal in die Offensive, in der sie ihre Meinung vorträgt.

„Naja, aber vorher war es auch nicht viel besser.“ wendet die Lehrerin ein, als sie wieder zu Wort kommt.

Was, sollte es vielleicht doch an ihrem heißgeliebten Sohn liegen? Vielleicht sind ja doch mal ein paar Erziehungsmaßnahmen gefordert, wenngleich DWM keine Ahnung hat, wie die aussehen könnten. Soll sie vielleicht in die Schule fahren und dem Ungehorsamen mit dem Rohrstock auf die Finger klopfen, weil die Lehrer das nicht mehr dürfen?

„Ich möchte ihn aber auch nicht alleine an einen Platz setzen, weil das nicht schön ist.“

DWM erscheint eine solch einfache Lösung des Problems durchaus erstrebenswert, was sie der Lehrerin schmackhaft zu machen versucht: „Aber schwätzen ist auch nicht schön. Wenn er Sachen macht, die nicht schön sind, muss er daraus lernen, dass er was zurückbekommt, was auch nicht schön ist.“ Obwohl DWM ganz begeistert ist von ihrem pädagogischen Pamphlet, will ihr die Lehrerin nicht zustimmen.

„Nein, ich würde es eher mit positiver Arbeit versuchen. Er ist so ein kluger Junge, dass das sicher bei ihm klappt.“

Wenn man DWM Honig ums Maul schmiert, wird sie etwas kooperationsbereiter.

„Reden Sie einfach jeden Tag mit ihm über den Unterricht und wie es ihm dabei ergangen ist.“

„Wir besprechen immer abends den Tag und wie es ihm dabei ergangen ist.“ Voller Stolz kann DWM wertvolle pädagogische Arbeit nachweisen. Dass sie ihrem Sohn dabei mit der Suggestivfrage „Und wie ist es dir mit der Konzentration gegangen, wird es schon besser?“ die Antwort bereits in den Mund legt, muss sie der Lehrerin ja nicht auf die Nase binden.

„Fragen sie ihn einfach ganz konkret und in offenen Fragen, was er in welcher Situation gemacht hat – z.B. beim Hefteintrag – und ob er dabei geredet hat.“

DWM verspricht der Lehrerin alles, um dieses Gespräch beenden zu können. Jetzt gibt es also abendliche Gesprächstherapie bei den Desperates und DWM kann hoffentlich bald von Erfolgen berichten.

das Unvermeidliche auch hier – Frohe Weihnachten

Einen Tag, nachdem es im Büro noch einmal richtig hoch herging, darf DWM sich in den Weihnachtsurlaub verabschieden, zumindest in ihrem Zweitberuf. In ihrem Hauptberuf als Familienmanagerin ist sie weiterhin gefordert. Der Familienrat hatte beschlossen, Weihnachten heuer erstmals bei den vier Autostunden entfernt wohnenden Großeltern zu verbringen und es obliegt wieder einmal DWM, für die Versorgung der Familie mit allem Nötigen und Unnötigen während dieser Zeit zu sorgen – verpackte Weihnachtsgeschenke für adäquate unter-dem-Baum-Stimmung inbegriffen:

Plötzlich Stundenausfälle erfordern zusätzliche Taxifahrten (der stündlicher Bustakt eignet sich nur für Notfälle) und heute ruft auch noch die Schule an, DWM solle ihren kranken Sohn abholen. Als sie den weinenden DSB ins Auto lädt, verfliegt ihre restliche Weihnachtsstimmung und er kann seine Mutter nur mit Müh und Not davon abhalten, sofort die Schule zu stürmen: Weil DSB es nicht mehr rechtzeitig auf die Toilette geschafft hatte, hatte der Kunstlehrer ihn zur Schnecke gemacht und den Schulfreunden verboten, dem Kranken beim Aufwischen seiner Krankheitsrückstände in der Klasse zu helfen.

DWM wird sich beim Packen hoffentlich beruhigen und freut sich auf eine besinnliche Zeit bei ihren Eltern – fernab von technischer Infrastruktur und verabschiedet sich deshalb wahrscheinlich für den Rest des Jahres.

Frohe Feiertage allen Weihnachtsfans und Gutes Ignorieren der Gegenfraktion – falls es die noch gibt….

p.s. Nachtrag zum Jahresrückblick: wegen plötzlich erkrankter Freundin durfte DWM doch noch einmal mit ihrer Tochter auf dem Christkindlmarkt sich im Regen die Beine in den Bauch stehen – ein „letztes Mal“ noch um ein Jahr verschoben!

Elternsprechtag – Nachbereitung

Der heikelste Teil des Elternsprechtages kommt jetzt: die Überbringung der diversen Botschaften an die Kinder. Diplomatie zählt nicht unbedingt zu DWMs Stärken und deshalb gibt es auch Tränchen nach der Bitte, die Französischlehrerin nicht mit dem selben Augenroller zu bedenken wie DWM. Die Bitte nach mehr Mitarbeit in Bio wird mit tellergroßen Augen aufgenommen: „Die hat mich verwechselt. Garantiert. Ich frag sie morgen.“ DWM spart sich beschwichtigende Worte und freut sich insgeheim, dass DSG das selber regeln möchte. Sie fühlt sich damit ausgelastet, die Bitten der Lehrer an DSB weiterzureichen. Wohl wissend, dass das nicht von dauerhaftem Erfolg gekrönt sein wird, denn DSB hört sich das mit ernster Miene an, gelobt Besserung und wird wahrscheinlich weitermachen wie bisher. Auf DWMs Nachfrage, warum er denn erst in letzter Zeit anfange mit seinen Sitznachbarn zu tratschen, ob er sich denn schon zu sicher fühle mit den Anforderungen in der neuen Schule meint er nur: „Das hat damit nichts zu tun. Am Anfang kannte ich die noch nicht, da hatten wir nicht zu viel zu reden, aber je besser ich die kennenlerne, desto mehr können wir reden.“ DWM beschließt, sich über seine gelungene soziale Integration in einer neuen Klasse zu freuen.

Einen Tag später berichtet DSG von ihrer Unterredung mit der Bio-Lehrerin: „Mama, die hat mich tatsächlich verwechselt und sie hat sich sogar entschuldigt. Ich habe die beste Mitarbeit der Klasse.“ DWM wird in Zukunft ein Foto ihrer Kinder zum Elternsprechtag mitnehmen.

Elternsprechtag (2)

Nach den gemischten Auskünften über das Verhalten von DSB stellt DWM sich jetzt bei den Lehrern von DSG an, hoffentlich nur zum Lob abholen, denn DSG ist eine Vorzugsschülerin und kommt mit fast allen Lehrern auch gut aus. In diesem Jahr hat sie nur neue Lehrer, DWM kennt noch keinen und sieht den Unterhaltungen daher trotzdem mit gemischten Gefühlen entgegen, denn nicht alle dieser Respektspersonen können mit aufgeweckten Schülern gut umgehen.

Der Englischlehrer ist ein netter Mensch, aber es scheint noch nicht bei ihm angekommen zu sein, dass er jetzt diese Klasse unterrichtet. Auf DWMs Nachfrage bezüglich des England-Austauschs bekommt sie nur die Antwort, er sei erst seit heuer an der Schule und wisse darüber nichts. Ansonsten ist er aber noch einer der nettesten und überhaupt der einzige, der mit sowas wie Selbstkritik aufwarten kann.  Als DWM von DSGs Prüfungsängsten berichtet, fragt der Lehrer, ob er selber etwas ändern könne, um die Situation zu verbessern. DWM ist so perplex, dass ihr nicht mal eine Antwort einfällt. Bei der Verabschiedung gibt er nochmal seinem Erstaunen über den Gesprächsverlauf Ausdruck, denn DSG sei die einzige Schülerin, die man vom Lernen abhalten müsse.

Die Französisch-Lehrerin kann mit dem Niveauunterschied in der Klasse weniger gut umgehen. Es käme ihr sogar vor, als rolle DSG manchmal mit den Augen. DWM kennt diese Reaktion ihrer Tochter gut, aber das wird sie dieser Meckerliese nicht auf die Nase binden. Außerdem sei DSG so kritisch und hinterfrage so viel. Auf DWMs Nachfrage, ob man die schnelleren Schüler nicht inzwischen anderweitig beschäftigen könne, reagiert die Lehrerin beinahe erbost. Naja, es gäbe schon Fördermaterialien , aber es handle sich ja nur um kurze Augenblicke, da müsse sie sich schon ein wenig gedulden. In unserem System haben die guten Schüler eben keinen Anspruch auf Förderung. Sie müssen sich in die Klasse setzen und ruhig verhalten und dürfen dabei nicht mal mit den Augen rollen. Glücklicherweise ist DWD gerade von der Arbeit hergehetzt, als DWM an die Reihe kam und ist nun mit seinem Charme in der Lage, die Situation zu retten, sonst hätte DWM sich vielleicht vergessen und der Lehrerin ihr wahres Gedankengut anvertraut und das hätte mit Sicherheit keine positiven Auswirkungen für DSG gehabt.

Die Deutschlehrerin hatte auf der Liste vermerkt, sie sei nur bis 17 Uhr anwesend, was in DWD gleich wieder leichten Unmut erzeugt. Was kann so wichtig sein, dass man die vor seiner Tür drängelnde Schar im Stich läßt? Als die Lehrerin im Mantel und mit geschulterter Tasche ihre Klasse verläßt, fragt DWM, nachdem sie sich vorgestellt hat, ganz höflich, ob sie einen Termin für die Sprechstunde vereinbaren soll (wohl wissend, dass die meisten Lehrer diese Stunde lieber anderweitig verbringen). Daraufhin kann die Lehrerin doch noch die paar Minuten erübrigen, um DWM zu versichern, dass DSG ohnehin so eine tolle Schülerin und alles in bester Ordnung sei. DWM kann einen Haken auf ihrer Liste machen.

Die Bestzeit dieser Besprechung wird eventuell noch von Physik unterboten. DWM wundert sich, warum der Wartebereich vor der Tür so gähnend leer ist und fragt in der Nebenschlange, ob denn überhaupt jemand drin sei. Vielleicht hat der Lehrer ja auch schon die Flucht ergriffen. Man vermutet, da sei schon jemand drin und DWM glaubt auch Stimmen zu vernehmen, also wartet sie artig – ein paar Sekunden, dann ist sie auch schon dran. Der Lehrer teilt nach einem „das können wir kurz machen“ den Notenstand mit und vermerkt positiv, DSG sei eine der wenigen Frauen, die sich für Physik wirklich interessierten. Nach gefühlten 10 Sekunden ist DWM wieder draußen und weiß nun, wieso vor seiner Tür sich keine Schlange bildet.

Die Biologie wartet mit der größten Überraschung auf: mehr Mitarbeit wäre gut. DWM ärgert sich, nicht vom DSG gebrieft worden zu sein und nimmt die Kritik zur Kenntnis, die inzwischen auf die ganze Klasse ausgeweitet wird, die nicht mitarbeitet. DWM ist wirklich erstaunt, denn DSG hört sich gerne reden und arbeitet sonst auch in Fächern mit, die ihr weniger liegen und die Naturwissenschaften sind doch – außer Englisch – ihre derzeitige Leidenschaft. Nun gut, sie wird die Botschaft weitergeben und verabschiedet sich von der der Lehrerin, die sichtlich ungeduldig ist, diese Veranstaltung zu verlassen. Da ist sie wahrlich nicht die Einzige.

Elternsprechtag (1)

Nein, nicht alle Jahre wieder, sondern sogar zwei Mal jährlich wieder und jetzt hat DWM es endlich hinter sich gebracht – für dieses Halbjahr. Das Schlimmste ist eigentlich das Anstellen. Und das für DWM, die trotz attraktiver Angebote niemals bei H&M einkaufen kann, weil sie spätestens an der Kassa ihre Errungenschaften auf einen Wühlkorb wirft und vor der Schlange die Flucht ergreift. Für ihre Kinder aber verbringt sie ohne Übertreibung Stunden damit, sich vor den Klassenzimmern die Füße in den Bauch zu stehen. Eigentlich möchte sie das Unvermeidliche ja lieber in den einzelnen Sprechstunden der Lehrer erledigen, aber selbige scheinen diese Machtdemonstrationen zu lieben und bitten darum, so es keine langwierigeren Probleme zu besprechen gäbe, lieber zum Elternsprechtag zu kommen. Oder sie verbringen ihre Freistunden lieber ohne nervende Erziehungsberechtigte.

Erstmals ist auch DSB am selben Gymnasium wie seine Schwester, was DWM vor die Aufgabe stellt, in dreieinhalb Stunden mehr als 10 Lehrer aufzusuchen. Sie beschließt, mit DSB anzufangen, weil sein Übertritt doch für alle Familienmitglieder eine aufregende Sache war und DWM schon gespannt auf die Berichte der Lehrer ist.

In Englisch hat er die beste Schulaufgabe der Klasse geschrieben und das ist schon mal ein angenehmer Einstieg. Trotzdem hat die Lehrerin nicht nur Positives zu berichten, denn DSB schwätzt mit seinen Sitznachbarn, musste sogar schon umgesetzt werden und hat dieses Prozedere wahrscheinlich noch mal vor sich. DWM stellt die angebrachte Zerknirschung zur Schau und bittet die Lehrerin, ihn wegen seiner ADS möglichst weit vorne zu lassen. Die Lehrerin tut erstaunt (obwohl DWD wegen dieser Diagnose bereits zu Schulanfang bei ihr war) und meint, sie könne nichts versprechen. Die 6 in Erdkunde (DSB hatte bei seiner allerersten Ex das Heft auf dem Tisch liegenlassen, sie hatte ihn beschuldigt zu schummeln und er wurde mit 6 beurteilt. DWM hatte ein wenig gebraucht, um seinen Frust zu mildern) werde sich im ersten Semester LEIDER noch auf die Note auswirken. DWM muss all ihre diplomatische Kunst aufwenden, um ihrem vertrockneten Gegenüber nicht zu sagen, dass es bessere Möglichkeiten gibt, Fünftklässler in den ersten Wochen am Gymnasium zu motivieren, als mit einer 6, weil sie vergessen haben, das Heft vom Tisch zu nehmen. Aber aus Erfahrung weiss sie, dass Kritik am Lehrer letztendlich immer an den Kindern ausgelassen wird. Nachdem sie das Zimmer dieser Vertreterin des Lehrkörpers verlassen hat, überlegt sie, DSB zur Heimbeschulung anzumelden und stellt sich bei seinem Klassenlehrer an.

Die Schlange vor dessen Tür besteht ausschließlich aus weiblichen Mitgliedern, die sich nochmal durchs Haar fahren, den Mantel auszuziehen, um nicht verschwitzt anzutreten… DWM kennt den Mathe-Lehrer schon vom Elternabend, wo die Mütter alle möglichen Fragen gestellt haben, damit der süße Typ so lang wie möglich bleibt… Als DWM endlich dran ist, beginnt der Klassenvorstand erstmal übers Klettern zu reden. DSB wurde wegen seines sportlichen Talentes als einziger seiner Jahrgangsstufe aufgenommen, obwohl er nie zuvor geklettert ist. Und macht sich dort wohl ganz gut. DSB sei auch in der Schule immer gut gelaunt und fröhlich und auch sehr hilfsbereit. Nach der Audienz bei der vertrockneten Englischlehrerin geht das Lob runter wie steirisches Kernöl. DWM berichtet von den Problemen und erstaunt damit ihr sportliches Gegenüber. Bei ihm gäbe es keine derartigen Probleme und ER als Klassenvorstand entscheide über die Sitzordnung. DWM freut sich insgeheim, dass DSB wohl  nicht der einzige ist, der Probleme mit dieser Dame hat 🙂 Zum Schluss wird dann doch noch kurz über die vier in der Mathe-Schulaufgabe geredet, die aber wohl als nicht so dramatisch betrachtet wird. DWM zieht beruhigt von dannen.

Als die Deutsch-Lehrerin sich über die tolle Rechtschreibung freut, sieht DWM sich genötigt zu bemerken, dass DSBs Hausaufgaben durch ihre Qualitätskontrolle gehen,  nimmt das Lob über die Rechtschreibung aber gerne selber an. Die Lehrerin überrascht mit einem fröhlichen Lachen und DWM gibt auf Anfrage zu, auch bei den Aufsätzen die eine oder andere Anregung zu geben. Schließlich möchte sie keine falschen Erwartungen wecken kurz vor der ersten Schulaufgabe. Mit dieser verständnisvollen Lehrerin kann DWM auch die disziplinären Probleme ihres Sohnes gut besprechen. DSB falle es sehr schwer, seinen Bewegungsdrang zu kontrollieren. Gemeinsam stellen sie fest, dass die zeitlichen Anforderungen einfach zu hoch sind und die Kinder zu wenig Bewegungsmöglichkeit haben. Dann überrascht die Lehrerin DWM mit einem unkonventionellen Lösungsvorschlag: in dringenden Fällen könne DSB bitten, auf die Toilette gehen zu dürfen, sich am Gang ein wenig austoben und dann wiederkommen. DWM ist erstaunt über die große Bandbreite an Lehrern und verwirft den Gedanken an die Heimbeschulung wieder.

Ferienschule

DWM will, dass DSB aufs Gymnasium geht. DSB will aufs Gymnasium. Naja, so ein Mittelding zwischen den beiden wird es wohl sein. Damit sein Hirn über die Ferien nicht vollkommen einrostet, muss gelernt werden. Man sollte nicht glauben, wie schwierig es ist, eine halbe Stunde Lernzeit an einem Ferientag unterzubringen. Da DWM auch in
den Ferien arbeiten muss, wurden folgende Varianten durchprobiert:

  • DSB steht auf, solange DWM noch da ist und sie lernen eine halbe Stunde gemeinsam

Nachteil: DSB muss entweder früher ins Bett (MAAMAAAA es sind doch FEEEErien!) oder unausgeschlafen aufstehen -> nicht gut

  • DSB schläft aus und lernt danach alleine

Nachteil: Qualitätsprobleme (DSB liest sich die Angabe durch, beschließt, dass er das nicht checkt und widmet sich seinen Ferienaktivitäten) -> nicht gut

  • DSB schläft aus und lernt danach mit DesperateSchoolGirl (3 Klassen über ihm und ein echtes As in der Schule)

Nachteil:  %$“!§&  (verständlich wahrscheinlich für alle Geschwister-Mütter) -> nicht gut

  •  DSB schläft aus und wir lernen am Nachmittag

Nachteil:  seine Freunde kommen zum „helfen“ und es wird ein richtig cooler Ferienevent ->nicht gut (zumindest für den Lernerfolg)

Zeugnistag

Als ich zur Schule ging, waren die Kinder für die Bewältigung des Schulalltages und die Eltern für die Versorgung zuständig. Die Einführung der Elternabende und -foren habe ich bei meinem jüngeren Bruder noch miterlebt, meine eigene schulische Laufbahn durften meine Eltern noch sehr mittelbar erleben. Zur Einschulung wurden einige von uns von der Mama begleitet. Ein Vater hätte an dieser Stelle höchst deplaciert gewirkt. Eine Erstklässlerin hat geweint. (Wahrscheinlich war sie die einzige, die sich nicht von der aufgesetzten Fröhlichkeit täuschen ließ und wirklich gecheckt hat, was auf sie zukommt.) Später bin ich den Eltern meiner Mitschüler nur mehr begegnet, wenn ich sie zu Hause besucht habe.

Heute sind wir Eltern ganz anders gefordert, aber da das schon im Kindergarten beginnt, haben wir Zeit, in die Aufgabe hineinzuwachsen. Im ersten Kindergartenjahr von DesperateGirl habe ich noch andere Erziehungsberechtigte mit Korken beworfen, beim letzten Schulfest hatte ich mich schon zum Völkerball hochgearbeitet. Dazwischen hat meine Arbeit mir erlaubt, mich von den meisten Veranstaltungen dieser Art fernzuhalten. Der Elternabend fiel meist mit einer Dienstreise oder einem Seminar zusammen. (DesperateWorkingDad hat mich als Quotenmann mehr als nur vertreten!) Wenn Begleitpersonen für Ausflüge gesucht waren, wurde ich schon gar nicht mehr gefragt. Als vorgestern die Einladung zur Grundschul-Verabschiedung der Viertklässler in meiner Mailbox landete (Sekt bereits am Vormittag – damit ließe sich so ein Event vielleicht ertragen, ganz abgesehen vom Kuchen) entschloss ich mich spontan, bei dieser letzten Gelegenheit mir anzusehen, was ich in den vergangenen Jahren verpasst hatte. Als Meisterin des schlechten Gewissens habe ich mich zumindest unzulänglich gefühlt, wenn ich an den ersten und letzten Schultagen meine Kinder allein auf den Weg geschickt hatte, als sei es ein ganz gewöhnlicher Morgen. Obwohl DSG und DSB ständig beteuert hatten, es sei ihnen sogar lieber, wenn ich nicht dabei sei. Wahlweise konnte ich mich schlecht fühlen mit „Ach, die lieben Kleinen verleugnen auch noch ihr Leid, damit Mama sich besser fühlt“ oder „Ach, die armen Kleinen sind schon so abgehärtet von meiner häufigen Abwesenheit.“ Das alles würde ich heute mit einem Glas Sekt in der Hand wieder gut machen, jawoll! Niemals hätte ich mir früher einen Tag freigenommen, an dem die AR-Unterlagen abgegeben werden mussten.

In einem kleinen Dorf beginnt der Event auf dem Schulhof. Dort konnte ich als erstes einmal feststellen, wie underdressed ich war. Wäre es nicht eine Idee gewesen, den Dresscode in die Einladung zu schreiben? Die meisten Väter (ja, es waren auch Väter da, um 9 Uhr morgens!) waren in Krawatte, nur wenige hatten sich mit dem Hemd begnügt. Gottseidank hatte ich auf Anraten des DesperateSchoolBoy (der selbst immer an der Unterkante der vertretbaren Kleiderbandbreite unterwegs ist) vor unserem Aufbruch noch schnell die Cargo-Hose gegen eine Calvin-Klein-Jeans getauscht. DesperateScoolGirl hatte ihre Sneakers selbst gebraucht, daher trug ich wenigstens meine hohen Schuhe, das verleiht einem auch in einem H&M-T-Shirt einen Hauch von Würde. Nachdem die erforderlichen Fotos und Videos geschossen waren, setzte sich der Tross wohlgeordnet – vorne die Lehrerinnen mit ihren Klassen, dahinter die Eltern –  in Bewegung Richtung Kirche. Ja, in einem katholischen Dorf beginnt und beschließt man das Schuljahr mit einem Dankeschön an den lieben Gott, und das noch bevor man überhaupt das Zeugnis hat! Erstaunlicherweise verdünnte sich der Tross, je näher wir der Kirche kamen. Geflüster von Kaffeehaus war zu hören. Meine Nachbarin schien zu schwanken, ob sie der Versuchung nachgeben solle, aber ich war überzeugt davon, dass es für mich in der Kirche interessanter sei als im Café in der Mütterrunde. Das hatte ich ohnehin noch vor mir und dann wenigstens mit der Unterstützung durch den Sekt. Den konnte ich schlecht schon vorher bestellen, ohne dass meine Umgebung falsche Schlüsse ziehen würde.

DSB hatte ich den ganzen Vormittag über kaum gesehen, mein heftiges Nachfragen nach dem Zeugnis war eine lästige Unterbrechung, als er aus der Klasse kam und gleich mit seinen Freunden weiter auf den Schulhof stürmen wollte. Ich hielt mich an meinem Sektglas fest, beantwortete höflich die Fragen nach der Schulwahl für die nächsten Jahre und entschädigte mich mit hervorragendem Kuchen. Und freute mich, dass weder ich noch meine Kinder etwas verpasst hatten in den letzten Jahren.