DWM gibt noch nicht auf (3)

…laden wir Sie zu einem Gespräch in unserer Personalabteilung ein. Zwecks Terminvereinbarung…..

DWM geht fast an die Decke vor Freude, als sie den Brief liest. Sie vereinbart einen Termin mit des Assistentin des gefürchteten Verhandlers und widmet sich dem umfangreichen Fragebogen, der der Einladung beiliegt. Etwas angestaubt vielleicht in Zeiten wie diesen, aber dafür suchen sie ja jemanden für die IT-Organisation, nicht wahr? Ebenfalls beigelegt ist ein Ausdruck aus Google Maps, auf dem der Standort der Personalabteilung markiert ist und das findet DWM schon mal sehr zuvorkommend.

Dieser Standort befindet sich in repräsentativer Citygegend, deswegen parkt DWM gleich in der Garage, bevor sie sich zum Gespräch begibt. Dann muss sie ein wenig warten, bevor sie vom harten Verhandler empfangen wird. Den sie sich definitiv anders vorgestellt hat. Nicht nur, dass er wohl um einiges jünger ist als DWM (langsam sollte sie sich offensichtlich mal daran gewöhnen). Er wirkt eher ruhig, statt dem stahlblauen harten Blick beim letzten Gespräch schaut DWM jetzt in sanfte braune Augen. Auch gut. Das Vorgeplänkel wird wieder kurz gehalten, der Verhandler will wissen, was für DWM im Projektmanagement denn wichtig sei. DWM ist erstaunt, dass auch in dieser Runde Fachliches besprochen wird und gibt ihre Meinung zum Besten. Zur Sicherheit fragt sie nochmal nach, ob denn ihrem Wunsch nach einem 80%-Vertrag entsprochen werden könne, der Herr Abteilungsleiter wollte diesbezüglich noch mal in sich gehen. Man kann.

Erstaunt nimmt DWM zur Kenntnis, dass einer der beiden ausgeschriebenen Jobs (natürlich der, den sie lieber gehabt hätte) nun doch intern vergeben worden war. Nach kurzem innerlichen Bedauern konzentriert sich DWM wieder auf das Gespräch. Es gibt  immerhin noch den anderen zu vergeben. Nach einem kurzen Blick auf den Lebenlauf, den er vor sich auf dem Besprechungstisch liegen hat, will der Verhandler jetzt wissen, wie das denn gewesen sei mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei ihrem Wiedereinstieg. Jetzt ist DWM erst recht erstaunt, denn das ist fast 10 Jahre her. Während sie bereitwillig Auskunft gibt und geduldig auch die Zwischenfragen zum schier unerschöpflichen Thema „Au-Pair Ja oder Nein“ beantwortet, schöpft sie den Verdacht, der Verhandler benötige diese Informationen für private Zwecke. Sicherheitshalber betont DWM noch einmal, dass eine qualifizierte Arbeit der Mutter nur mit tatkräftiger Mithilfe des Vaters zu schaffen sei. Ob er diesen Satz zu Hause auch so wiedergeben wird? 🙂

Spät aber doch kommt er auf das heikleThema zu sprechen. Wieder zückt DWM ihren Gehaltszettel. Im Vorfeld hatte sie sich schon überlegt, ob und wie viel Gehaltsverzicht für sie vorstellbar wäre. Nach Rücksprache mit DWD – schließlich fließt DWMs Gehalt in den Familienetas – kann sie sich einen Verzicht auf den jährlichen Bonus vorstellen. Auf den besteht ohnehin kein rechtlicher Anspruch, auch wenn er bisher in jedem Jahr, wenn auch in unterschiedlicher Höhe, bezahlt wurde.

Die Reaktion ihres Gegenübers versetzt DWM abermals in Erstaunen. Er bemerkt zwar ebenfalls, das sei eher hoch angesiedelt, aber er habe leider keinen Einfluss auf den Entscheidungsprozess, das müsse der Abteilungsleiter machen, für ihn müsse Gerechtigkeit innerhalb seines Bereiches herrschen bla bla bla. Da haben wir es wieder mal. Keiner möchte über Geld reden, keiner möchte die Verantwortung für eine möglicherweise unpopuläre Entscheidung tragen.

Zum Schluss darf DWM noch einen Blick in den Kollektivvertrag werfen und sich damit gleich ein realistisches Bild ihrer Chancen machen. Wie wird der letztendliche Entscheider – wer immer das sein mag – entscheiden? Verdient DWM tatsächlich so viel, dass es bei einem Wechsel unmöglich ist, das Niveau zu halten? Wie wird sich die Tatsache auswirken, dass in der potenziellen Abteilung nur Frauen arbeiten? Gerüchten zufolge verdienen die viel weniger als Männer und DWM (die bisher nur unter Männern gearbeitet hat) müsste an die dortige Struktur angepasst werden….

Mit gemischen Gefühlen verlässt DWM das Personalbüro und harrt der Dinge, die in den nächsten vierzehn Tagen eintreten werden oder auch nicht.

DWM gibt (noch) nicht auf (2)

Es war nicht anders zu erwarten gewesen. DWD hatte es geschafft, DWMs Zweifel bezüglich der Arbeitszeit zu zerstreuen, 80 % müssten doch drin sein, er sei schließlich auch noch da.

Das war auch gut so, denn einen Tag nachdem DWM auf den „Senden“-Button ihrer Bewerbungsmail gedrückt hatte, kommt schon der Anruf. Wann sie denn Zeit für ein Gespräch habe. Nur mit Mühe kann DWM den Jubel unterdrücken. Wusste sie doch, dieser Job ist wie geschaffen für sie.

Das Büro liegt in der Nähe des jetzigen, somit kann das Gespräch schon am nächsten
Tag diskret in der Mittagspause erledigt werden. DWM bereitet sich diesmal akribisch darauf vor. Um finanzielle Überraschungen wie beim letzten Mal von vornherein auszuschließen, druckt sie sich den letzten Lohnzettel aus und nimmt ihn zu ihren Unterlagen.

Am Gesprächstag lässt DWM den Blazer im Auto hängen. Mittlerweile trägt sie Business nur mehr bei externen Terminen und sie will ja kein Aufsehen erregen bei den Kollegen. Um halb zwölf verkündet sie, diesmal ein wenig länger auf Mittag zu bleiben und verschwindet in die Tiefgarage. Blazer übergezogen, Erscheinung im Rückspiegel überprüft (nicht sehr sinnvoll bei der Beleuchtung im 3.UG). Während sie sich in ihrem Auto nach oben schraubt, trifft sie plötzlich eine Erkenntnis: sie hat ihren Terminkalender auf dem Schreibtisch liegen gelassen. Aufgeschlagen natürlich am heutigen Tag. An dem um die Mittagszeit ein Eintrag mit dem Firmennamen prangt, zu der sie gerade unterwegs ist. Da es sich um ein Konkurrenzunternehmen handelt, bräuchte ein – absichtlich oder unabsichtlich – stöbernder Kollege nur eins und eins
zusammenzählen. Was tun? Draußen im verbotenerweise halten, nach oben laufen,
Kalender holen? Da versucht DWM so unauffällig wie möglich zu agieren und dann kommt sie auf dem Weg zur Mittagspause wieder zurück, weil sie ihren Terminkalender
vergessen hat? So gut sie mit Newcomer auch auskommt, aber ihre
Fluchtaktivitäten möchte sie ihrem direkten Gegenüber doch nicht auf die Nase
binden. Außerdem würde das ihren Zeitplan durcheinanderbringen. Also das beste
hoffen und weiterfahren. Wer sollte denn schon etwas auf ihrem Schreibtisch
suchen, wo doch ohnehin jeder weiß, dass das bei der dort herrschenden Ordnung
ein völlig sinnloses Unterfangen ist.

Viel zu früh kommt DWM vor dem Gebäude an und stellt fest, dass sie doch nach einer Parkmöglichkeit hätte fragen sollen. Aber auch jetzt hilft nur die Flucht nach vorn, nach zwei Runden stellt sie ihren Kleinwagen auf ein Plätzchen, das privat sein mag oder auch nicht und schlendert betont langsam zum Eingang. Immer noch zu früh. Nach einer halben Umrundung des Gebäudes beschließt DWM, dass ein paar Minuten zu früh vertretbar sind und betritt ihr hoffentlich zukünftiges Bürogebäude. Im Treppenhaus wird sie von zahlreichen Jeansträgen freundlich gegrüßt. Bald würde sie auch
dazugehören! Die Assistentin schein erfreut über ihr frühes Erscheinen, die
Herren seien schon da, sie könne gleich durchgehen.

Schön, dass sich nicht nur Chef sondern auch ChefChef am Gespräch beteiligt, freut sich DWM. Das macht doch gleich einen professionelleren Eindruck als beim letzten Mal. Das übliche Geplänkel wird kurz gehalten, schnell wird es fachlich und DWM glaubt, doch einigermaßen punkten zu können, als Chef sie mit einem stechenden Blick aus seinen blauen Augen (unter anderen Umständen hätte man diese durchaus bewundern können) fragt: „Und wie sieht es mit Ihrer zeitlichen Verfügbarkeit aus?“ Immerhin scheint er Ahnung davon zu haben, wie aufwändig die Familienarbeit sich auch mit vergleichsweise großen Kindern gestaltet und hat sie trotzdem eingeladen.
„Wie viel arbeiten Sie denn jetzt?“ DWM gesteht ihren 50% -Vertrag und
versichert – wie sie hofft – glaubhaft, dass sie zur Zeit auf alle Fälle 80%
erübrigen könne.

„Und wie wollen Sie die aufteilen?“ Der will es aber ganz genau wissen. DWM versichert ihm, bis auf einen Tag in der Woche einigermaßen flexibel zu sein, da sie ja wisse, dass man sich bei Projektarbeit nicht auf nur Vormittagstermine beschränken könne, weil das die Terminfindung zu sehr behindere. Die Antwort scheint ihren Gesprächspartner einigermaßen zu befriedigen, sodass DWM einen weiteren Vorstoß wagt. Aber auf die Frage, ob Papierkram zum Teil auch zu Hause erledigt werden könne, reagiert er genauso ungehalten wie seine Vorgänger. Nein, Telearbeit sei nicht üblich und man habe auch nicht vor, das einzuführen. Dass DWM einräumt, es ginge ihr in erster Linie um die Möglichkeit, bei eventuellen Krankheitsfällen keine
Pflegefreistellung in Anspruch nehmen zu müssen, scheint ihn wieder zu
besänftigen. Natürlich komme es in seinem IT-lastigen Bereich immer wieder mal
vor, dass jemand eine kurze Wartungsarbeit von zu Hause aus erledigen müsse,
die ließen sich schon Möglichkeiten finden.

Nachdem diese Fronten geklärt sind, kann man sich wieder der Fachdiskussion widmen. ChefChef verlässt unsere traute Gesprächsrunde, während DWM sich freut, mit ihren Kenntnissen punkten zu können.  Ganz zum Schluss stellt Chef
dann doch noch die obligatorische Frage nach dem Gehalt. DWMs Vorstellungen
kommentiert er mit „Na da wünsche ich Ihnen viel Vergnügen bei der Verhandlung
mit unserem Personalchef. Das ist ein ganz harter Verhandler, was mir selber
oft leid tut, wenn ich nicht die Leute bekomme, die ich haben möchte.“

Wie soll DWM das jetzt interpretieren? War das jetzt eine gute oder eine schlechte Nachricht? Steht ihr jetzt schon die nächste Runde mit dem Personalchef zu, obwohl sie nur 80% arbeiten möchte? Und ist es jetzt schon abzusehen, dass dort Endstation sein wird, nur weil DWM zumindest ebenso viel verdienen möchte wie jetzt?

 

 

 

DWM gibt (noch) nicht auf! (1)

DWM ist ja durchaus lernfähig und da sie nun weiß, was sie von „offen gehaltenen“ Stellenangeboten vor allem in finanzieller Hinsicht zu erwarten hat, beschränkt sie sich jetzt auf die konkreteren, in der Hoffnung, dass Akademiker auch als solche bezahlt werden, wenn ein derartiger Abschluss explizit verlangt wird.

Das ist mittlerweile keineswegs mehr eine Selbstverständlichkeit, denn Newcomer, der sie an ihrer derzeitigen Arbeitsfront unterstützt, durfte seine ersten sechs Monate mit einem Praktikantenvertrag (und selbstverständlich auch entsprechendem Gehalt) arbeiten und wurde die nächsten sechs Monate mit der originellen Idee einer „Einschulungsphase“ finanziell benachteiligt, bevor er endlich einen seiner Ausbildung und Tätigkeit adäquaten Vertrag erhielt. Aufgrund seines Lebenslaufes (er hat sein Studium für einige Zeit unterbrochen, um seine krebskranke Mutter zu pflegen und sich um seine jüngere Schwester zu kümmern – auch Männer werden offensichtlich benachteiligt, wenn sie sich um familiäre Belange kümmern, wie es sonst eigentlich den Frauen zusteht, sie sieht man mal den Stellenwert von sozialem Engagement in der Wirtschaft) hat er ebensowenig Alternativen wie DWM.

Ende des Exkurses über weitere Desperates an dieser Front, wenden wir uns wieder DWMs formidabler Lernfähigkeit in Sachen Bewerbungsmanagement zu:

Da es selbstverständlich keine Teilzeit-Angebote für Akademiker gibt, DWM aber trotzdem (noch) nicht bereit ist aufzugeben, bewirbt sie sich auf ein Angebot, das auf ihre Berufserfahrung zu passen scheint wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge. Hier könnte sie all ihre Fähigkeiten einbringen. Mit ihrem umfangreichen Erfahrungsschatz wird sie die fehlenden 20% Arbeitszeit locker wettmachen. Davon muss sie jetzt nur noch den potenziellen Arbeitgeber überzeugen, wenn, ja wenn sie überhaupt in die engere Wahl kommt. Und die Familie, denn natürlich müssen bei einer Aufstockung der Arbeitszeit von 50% auf 80% die SLAs neu verhandelt werden.

Wie wird DWM sich an ihren Fronten schlagen? Wird sie den Kontrollfreak in sich so weit unterdrücken können, dass sie selbst an die 80%-Lösung glaubt? Oder werden die Visionen von häuslichem Chaos, absackenden Schulleistungen bei den Kindern, Untersportung bei sich selber und emontionaler Verwahrlosung des DWD sie daran hindern, an die Verwirklichung zu glauben, geschweige denn sie der Familie und dem Arbeitgeber schmackhaft zu machen?

 

endlich ein Teilzeitjob in Sicht (3)

…..es freut mich, Ihnen mitzuteilen, dass Sie die Stelle erhalten haben….

DWM muss mit aller Macht den Reflex unterdrücken, sofort zu kündigen. Aber nein, DWM ist vernünftig und wartet mit dieser Genugtuung, bis sie einen Vertrag unterschrieben hat. Obwohl es ihr wahrlich nicht leicht fällt! Von wegen, in ihrem Alter kann man die Branche nicht mehr wechseln, diese Personalvermittlerin hatte ja sowas von keine Ahnung!

Sofern Sie diesen Freitagabend Zeit haben, würde ich Sie einladen an unserer Firmenfeier teilzunehmen.

Mit dem größten Vergnügen! Welch ein Einstand in einem Unternehmen, man lernt die neuen Kollegen gleich so richtig kennen! DWM enscheidet die schwierige Stylingfrage wie immer pragmatisch. Ein Glamour-Top unter den schwarzen Anzug, dann ist sie für alle Eventualitäten gerüstet. Auf der Feier trifft sie sogar einen ehemaligen Kollegen, je mehr sie von den köstlichen Cocktails probiert hat, desto besser wird ihr gefühltes Englisch und als sie sich um fünf Uhr morgens von DWD abholen lässt, freut sie sich unbändig auf den neuen Job. Am Montag ist sie immer noch so euphorisiert, dass sie ohne Vertragsunterzeichnung kündigen will, jetzt kann ja wohl wirklich nichts mehr schiefgehen, aber es fehlt ihr der Ansprechpartner – ApplePolisher ist krank. Am montag Abend liegt dann auch der neue Vertrag in ihrer Mailbox. Leider muss da ein Fehler unterlaufen sein und zwar in dem Abschnitt mit dem Gehalt. DWM ruft den neuen Chef an, um das Missverständnis zu klären. Seine eilig hingekritzelte Notiz beim ersten Gespräch war ihr Gehalt für den 50%-Vertrag, wurde aber als 100%-Gehalt interpretiert.

DWM erbittet sich Bedenkzeit und kann dabei in die Abgründe ihrer Seele blicken. Immer war sie überzeugt davon, Geld sei ihr nicht so wichtig (sofern sie überhaupt welches verdient natürlich), allein die Aufgabe zählt. Wie wird sie sich entscheiden  bei der Aussicht, eine tolle Aufgabe in einem tollen Unternehmen für das halbe Geld zu erledigen?

endlich ein Teilzeitjob in Sicht (2)

….. darf ich Ihnen mitteilen, dass sie in die engere Wahl gekommen sind…..

Yeah! Wusste ich´s doch! Diesmal lässt DWM voller Elan und Zuversicht ihren Wagen auf den Firmenparkplatz rollen. Am zweiten Gespräch beteiligt sich außer dem Vorgesetzten auch noch ein weiterer Mitarbeiter der Abteilung. Als das Gespräch auf den Umgang mit schwierigen Kollegen kommt, meint dieser mit einem Augenzwinkern „Sie haben doch Kinder, da sind Sie an solche Situationen eh gewöhnt.“ JA! Endlich werden die besonderen Qualifikationen einer Mutter auch mal gewürdigt! Wieder wird das Gespräch in Abwesenheit eines Personalverantwortlichen geführt und wieder fehlen die entsprechenden Fragen – was DWM aber wieder als Vorteil empfindet. Die heikelste aller Fragen schneidet der künftige Vorgesetzte diesmal selbst an, fasst sich dabei aber kurz: er habe mit der Personalabteilung gesprochen, Gehalt passt auch.

Abschließend wird sie durch das ganze Unternehmen geführt und dem einen oder anderen Mitarbeiter vorgestellt. Wieder ist DWM ganz hin und weg von dem tollen neuen Gebäude, den freundlichen Menschen, der netten Atmosphäre, dem guten Kaffee. Noch zuversichtlicher als beim ersten mal verlässt sie das Firmengelände.

endlich ein Teilzeitjob in Sicht (1)

Ganz gegen ihre sonstige Gewohnheit gibt DWM jetzt auf. Sich auf einen Job zu bewerben, der nicht explizit in Teilzeit ausgeschrieben ist, verschiebt den Frust nur nach hinten. Das ist auch der Grund, warum sich an der Bewerbungsfront so lange nichts tut, denn qualifizierte Teilzeit-Jobs sind nicht rar, sondern schlichtweg nicht vorhanden. Voller Begeisterung findet sie ein 30-Stunden-Angebot in einem Jobportal, das zwar zugegebenermaßen etwas offen gehalten ist, aber das kann ja alles mögliche heißen! Diesmal muss sie in den Unterlagen nicht mal ihren derzeitigen Teilzeitstatus verschweigen. Eine Woche später sitzt sie bereits ihrem potenziellen neuen Chef gegenüber. In angenehmer Atmosphäre wird über die Aufgaben gesprochen. Ein wenig erstaunt ist DWM schon, dass die sonst üblichen Fragen personaltechnischer Art bisher nicht gestellt wurden. Warum wollen Sie sich verändern? Warum glauben Sie, dass gerade Sie für diesen Job geeignet sind? Was sind ihre Schwächen? Was machen Sie, wenn die Kinder krank sind?

Der Gesprächspartner scheint etwas in Eile zu sein, er verspricht sich zu melden, falls DWM in die nächste Runde kommt. Schon im Aufstehen befindet DWM, dass sie offensichtlich selbst die heikle Frage nach dem Verdienst anschneiden muss. Fast erleichtert wirkt ihr Gegenüber, als er sich ihre Gehaltsvorstellungen schnell auf eine Ecke ihrer Unterlagen kritzelt. Frohen Mutes durchquert DWM die pompöse Glashalle ihrer zukünftigen Wirkungsstätte, wo sie von einer zauberhaft lächelnden Rezeptionistin verabschiedet wird, bevor sie über den großzügigen Parkplatz zu ihrem Auto schreitet. Es gibt sie also doch, die tollen Teilzeitjobs, jetzt muss sie ihn nur noch kriegen.

Flexibilität – nein danke!

Endlich ist es wieder einmal so weit! DWM darf in einem Bewerbungsgespräch glänzen. Die Position klingt interessant, auch wenn es kein großer Aufstieg zu sein scheint. So wie sich die Bewerber oft in ein besseres Licht setzen, haben die potenziellen Arbeitgeber es wohl mit diesem Posten in der Ausschreibung gemacht. Trotzdem wäre es ein Schritt in die richtige Richtung und außerdem geht es ja auch darum, der Degradierungs-Schmach und dem Büro-Wahnsinn in der derzeitigen Arbeitsstelle zu entfliehen. DWM liebäugelt also durchaus mit der Stelle und bekommt auch gutes Feedback am Ende des Gesprächs – bis sie auch ihre letzte Karte ausspielen muss. Und das ist nicht ihre Trumpf-Karte.

„In meiner derzeitigen Stelle kann ich teilweise von zu Hause aus arbeiten – wäre das hier auch möglich? Ich bin manchmal auf ein wenig Flexibilität angewiesen.“ Das ist noch eine ziemlich Untertreibung der derzeitigen Lage, aber DWM muss schließlich mit äußerster Vorsicht verhandeln.

Der links von DWM sitzende Prokurist bekommt trotzdem tellergroße Augen. „Nein, sowas macht bei uns niemand und das wollen wir auch gar nicht, das ist arbeitsrechtlich ganz schwierig, und überhaupt.“ Mit immer noch schreckgeweiteten Augen studiert er die vor ihm liegenden Bewerbungsunterlagen. „WIE alt sind ihre Kinder?“  „10 und 12.“ Pieps.

„Na, da brauchen sie die Mama schon noch.“ Immerhin scheint er mehr Ahnung davon zu haben, als sein Vorgänger vor ein paar Wochen. Das ändert aber nichts am Ergebnis. DWM bittet um Bedenkzeit, teilt aber am nächsten Tag bereits ihre Absage mit. Die Arbeitswelt ist wohl nicht für sie geschaffen und sie wird bis zur Rente ausharren müssen mit ApplePolisher, BusyBody und ChatterBox, weil sie den einzigen flexiblen Job im Umkreis von 100 km bewachen.

in Ihrem Alter…..

Den nächsten Versuch, von der derzeitigen Arbeitsfront zu desertieren, macht DWM mithilfe eines Profis, einer Profi-in genauer gesagt, so viel Zeit muss sein. Die Stellenanzeige war von einer Personalberaterin geschalten und obwohl oder gerade weil es branchenfremd war, spricht es DWM besonders an. Diesmal betrachtet sie es beinahe schon als Selbstverständlichkeit, in die zweite Runde zu kommen und zu einem Gespräch geladen zu werden. Obwohl, zu einem Gespräch beim Personalberater geladen zu sein, kann wohl kaum als großer Fortschritt gewertet werden, aber das weiß unsere bewerbungs-unerfahrene DWM zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Die wollen ihre Kartei so umfangreich wie möglich halten und schauen sich jeden an, der nicht völlig daneben lag mit seiner Bewerbung. DWM genießt in ansprechender Atmosphäre einen Espresso, während sie das Warm-Up mit Bravour besteht. Das ist auch gut so, denn kurz danach kommt die Ernüchterung: „….in Ihrem Alter …..die Branche wechseln….unwahrschlich….aber vielleicht bekomme ich ja mal was Passendes rein….“

DWM neigte ja bisher oft ein wenig zu der Ansicht „für mich gilt das nicht“, egal ob es in ihrer Jugendzeit um die Frage ging „Kinder und Karriere sind nicht vereinbar“, „Beziehungen mit einem Moslem sind schwierig“ oder „Anfänger sollten bei den fünf Tibetern nicht mehr 5 Umdrehungen machen“. Genauso ging es ihr mit „ab 40 ist man auf dem Arbeitsmarkt alt“. Auch hier muss sie plötzlich feststellen, dass so ein Allgemeinplatz sogar für DWM gilt.

Wie viel Mama braucht das Kind?

Was liegt näher nach der Degradierung, als sich einen neuen Arbeitgeber zu suchen? Selbstverständlich hat DWM sofort damit begonnen, aber sie ist etwas aus der Übung (genau genommen hat sie sich überhaupt erst einmal auf dem freien Markt anbieten müssen). Das beginnt schon mal damit, dass sie in den Unterlagen ehrlich über ihren Teilzeitstatus berichtet. Da darf man sich dann nicht wundern, wenn im besten Fall eine schriftliche Absage kommt. In der nächsten Version des Lebenslaufes werden zwar die Kinder erwähnt, aber nicht das Ausmaß des Beschäftigungsvertrages. Und schon kommt die erste Einladung zum Gesprächstermin. Geht doch! Bei 35 Grad sitzt DWM brav in grauem Anzug und Bluse einem Vorstandsmitglied in kurzärmeligem Hemd gegenüber. Das Gesrpäch läuft gut, aber ganz zum Schluss muss DWM doch noch beichten, dass sie auf zeitliche Flexibilität angewiesen ist. Der Vorstand wirft einen erstaunten Blick in die Bewerbungsunterlagen vor ihm. „WIE alt sind ihre Kinder? Da brauchen sie doch die Mama eh nicht mehr.“ Im Warm-Up-Smalltalk hatte er erzählt, sein Sohn lebe im Internat. Na dann weiß er natürlich ganz genau, wie viel Mama die Kinder in welchem Alter brauchen. Einige Tage später kommt die Absage.